Dies ist ein schlechtes Buch.
Oder, ich korrigiere mich: Dies ist sicher in den Augen vieler
Leserinnen und Leser ein schlechtes Buch. Auch für mich.
Warum habe ich es dann geschrieben?
Naja, ich habe es nicht allein geschrieben. Teile des Buches
wurden von einer Künstlichen Intelligenz, nämlich Google Gemini,
verfasst.
Ich hatte so viel gelesen darüber, wie die KI Songs, Gedichte und
ganze Romane verfassen kann, dass ich es einmal ausprobieren wollte.
Und weil ich gerade mit meinem aktuellen Romanprojekt nicht so recht
vorankam, habe ich mich in dieses Experiment gestürzt.
Ich hatte noch ein über zwanzig Jahre altes Treatment für einen
TV-Film, bestehend aus 29 Szenen. Kein besonders guter Film, das
gebe ich zu, aber genau richtig für so ein Projekt. Also habe ich
jede Szene einzeln hochgeladen und Gemini dazu aufgefordert, daraus
ein Romankapitel zu machen.
Die ersten Ergebnisse waren meistens zu knapp, also habe ich mit
weiteren Aufforderungen nachgebessert. Ich habe Gemini aufgefordert,
mehr von der Gedankenwelt der handelnden Personen zu beschreiben
oder die Stimmung, die an einem bestimmten Ort herrscht. Und nach
zwei Tagen hatte ich dann den fertigen Roman.
Naja, nicht ganz fertig. Beim Durchlesen stellten sich mehrere
Probleme heraus:
Erstens: Gemini leidet unter Adjektivitis. Anfangs habe ich noch
versucht, das so gut wie möglich zu korrigieren, aber irgendwann
habe ich aufgegeben. Es wäre schneller gegangen, hätte ich es selber
geschrieben.
Zweitens: Gemini hat als Muttersprache Englisch. Das merkt man
daran, dass an einen Hauptsatz sehr oft Partizipialkonstruktionen
angehängt werden, so wie es im Englischen mit der „ing“-Form üblich
ist, anstatt einen Punkt zu setzen und einen neuen Satz zu beginnen.
Drittens: Gemini wiederholt sich gern, zum Beispiel bei der
Beschreibung der Stimmung eines Ortes.
Viertens: Gemini verliert gerne mal den roten Faden und
verwechselt dabei auch Täter und Opfer.
Fünftens: Gemini bewegt sich sprachlich gerne in Extremen und
nicht so gern in der großen Grauzone dazwischen.
Nun lässt sich einwenden, dass ich mit der kostenlosen und nicht
so leistungsfähigen Version von Gemini gearbeitet habe und zudem
nicht alle Prompt-Kniffe genutzt habe, die mir zur Verfügung stehen.
Beides sicher richtig - aber ich wollte ja nicht wirklich einen
veröffentlichungsfähigen Roman von Gemini schreiben lassen, sondern
es nur mal ausprobieren.
Hier ist also nun das Ergebnis.
Ein kurzes Wort vielleicht noch zur Debatte, ob wir beim
Schreiben die KI verwenden dürfen und wie weit wir sie nutzen
dürfen, ohne die Leserinnen und Leser zu betrügen.
Ich erinnere mich daran, dass der deutsche Erfolgsautor Konsalik
bereits vor sechzig Jahren Hilfskräfte für sich arbeiten und auch
schreiben ließ - in welchem Umfang, ist bis heute unklar.
Gesichert ist, dass diese Hilfskräfte ihn bei Bearbeitung,
Zuarbeitung und Ausarbeitung unterstützt haben.
Bei der Recherche ist es seit Langem üblich, dass sich
erfolgreiche Schriftsteller wie Ken Follett von Hilfskräften
Detailinformationen sammeln und aufbereiten lassen.
Diese Autoren veröffentlichten ihre Werke dennoch ausschließlich
unter ihrem eigenen Namen.
Schriftsteller sind also seit vielen Jahrzehnten keine
„Alleintäter“ mehr. Ist das verwerflich? Und ist es verwerflich, die
KI für sich recherchieren und sich durch sie assistieren zu lassen,
ohne das ausdrücklich zu erwähnen?
Ich finde nicht.
Um bei diesem Buch zu bleiben: Die Geschichte stammt von mir. Die
szenische Beschreibung stammt von mir. Die Bearbeitung der von
Gemini gelieferten Texte erfolgte durch mich, teilweise bis zum
völligen Neuschreiben. Gemini war dabei lediglich ein Gehilfe.
Deshalb würde ich, wäre dieses Projekt ernst gemeint, auch nicht
explizit auf die Unterstützung durch Gemini hinweisen.
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